19
Feb
2007

Zwischen Windeln und Wechseljahren

Das Last-Minute-Baby

Mutterglück mit Mitte 40


Ein Trend macht sich bemerkbar: Während die allgemeine Geburtenrate seit Jahren fällt, steigt sie bei Frauen zwischen 35 und 50 stetig an - um nahezu 20 Prozent. Eine neue Eltern-Generation ist entstanden. Doch wann ist der biologische Zug abgefahren?

von Andrea Cornelissen, ZDF, im Juli 2003

Vor 20 bis 30 Jahren war die späte Mutterschaft noch eine Ausnahme - im Gegensatz zu heute. Die zeigt: Zwischen 1990 und 1999 ist der Anteil der Schwangeren ab 35 Jahren von 10,5 Prozent auf 18,4 Prozent gestiegen.

Ein Sachbuch von 1986, auf das wir während der Recherche gestoßen sind, trägt den Titel: "Mit 35 noch ein Kind?" Heute, 17 Jahre später, müsste es heißen: "Mit 45 noch ein Kind?"

Text entnommen aus :
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,2055023,00.html

18
Feb
2007

Das 40+ Phänomen

Immer mehr Frauen bekommen erst
mit 40 Jahren Kinder.
Warum eigentlich?


Die Geburtenraten der Bundesrepublik sind seit den frühen siebziger Jahren von beinahe betonierter Gleichmäßigkeit. Durchschnittlich 1,3 Kinder bringt eine Frau zur Welt; dieser Wert ist seit dem "Pillenknick" so stabil, dass sich in den jährlichen Statistiken meist nur die zweite Stelle hinter dem Komma ändert.

Doch das Gebärverhalten der Frauen bleibt mitnichten konstant: Immer mehr Frauen bekommen ihre Kinder immer später, wie sich mit Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen lässt. So waren im Jahr 2004 erstmals mehr als zwanzig Prozent der Mütter bei der Entbindung älter als 35 - in einem Alter also, in dem die Gynäkologen automatisch von "Risikoschwangerschaften" sprechen. Diese Gruppe der Mütter wächst seit langem; hält dieser Trend an, hat bald jedes vierte Baby eine Mutter, die älter als 35 ist.

In Großstädten ist dieser Wert längst überschritten.
Für München ermittelte das Statistische Amt jetzt, dass im Jahr 2005 etwa 29 Prozent der Gebärenden älter als 35 waren. Auch die Zahl der Mütter, die bei der Geburt die vierzig überschritten haben, steigt rapide: 2005 zählten in München schon fünf Prozent der Mütter zu dieser Gruppe. Auf Bundesebene ist diese Entwicklung ebenfalls feststellbar: Fast jedes dreißigste Neugeborene der Republik hat eine Mutter jenseits der vierzig.

Auch medizinischer Fortschritt spielt Rolle
Das Aufschieben des Kinderkriegens, das sich auch in anderen europäischen Ländern zeigt, hat nach Ansicht von Demografen zwei Ursachen: Erstens machen sich lange Ausbildungszeiten bemerkbar; wer auf einen Abschluss hinarbeitet, denkt selten an Nachwuchs. Zweitens diskutieren Sozialwissenschaftler, ob die Entwicklung mit den wachsenden Unsicherheiten in der Arbeitswelt zusammenhängt. "Bei Männern führt Arbeitslosigkeit dazu, dass Vaterschaft aufgeschoben wird", sagt Michaela Kreyenfeld vom Max-Planck-Institut für Demografische Forschung. Trotzdem passe diese Erklärung nicht immer: "Eine Akademikerin kalkuliert vielleicht, dass sie ihre Kinder erst nach gelungenem Berufseinstieg bekommt." Frauen ohne Schulabschluss verhalten sich nach Kreyenfelds Untersuchungen oft anders: "Haben sie keine feste Stelle, steht für sie weniger auf dem Spiel; sie entscheiden sich deshalb nicht gegen Kinder."

Auch der medizinische Fortschritt spielt eine Rolle: Künstliche Befruchtungen werden erfolgreicher und alltäglicher; auch die Pränatal-Diagnostik vermittelt den Müttern mehr Sicherheit. Die Ärzte raten entsprechend häufiger zum Kaiserschnitt: "Bei einer älteren Mutter wird jeder Arzt noch stärker versuchen, Risiken auszuschließen, auch aus Angst vor Schadensersatzforderungen", sagt Heinz Michael Mörlein vom Verband der Frauenärzte. Die deutsche Kaiserschnitt-Rate stieg in den letzten zehn Jahren von 17 auf 27 Prozent, so das Statistische Bundesamt.

Die neuen Daten relativieren auch die beliebte Aussage, dass vierzig Prozent der Akademikerinnen kinderlos blieben. Diese Rechnung bezieht sich nämlich auf die Gruppe der 35- bis 39-jährigen Hochschulabsolventinnen. Betrachtet man dagegen die 40- bis 44-Jährigen, wie es Statistiker vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung empfehlen, sinkt die Quote auf 30 Prozent.

Wer über Kinderlosigkeit spricht, sollte die späten Mütter also nicht aus dem Blick verlieren.

Der Beitrag stammt aus der Süddeutschen Zeitung vom 19.5.2006

Autor : Felix Berth

17
Feb
2007

Zwischen persönlichem Eindruck und den Fakten

...besteht eigentlich keine große Lücke mehr.
Tatsächlich nimmt die Zahl der reiferen Muttis
exponentiell zu.

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Wir Eltern, Schweiz - Ausgabe Dezember 2005

Die Studie "Späte Mütter" von Ingrid Herlyn und Dorothea Krüger zählt zu den aktuellsten wissenschaftlichen Werken zu diesem Thema und bietet sehr fundierte Erhebungen und aufschlussreiche Erkenntnisse.
Der Tenor der Studie ist ein Schluss, der in der Familienpolitik vieler europäischer Länder noch nicht so recht angekommen ist : Mutterschaft ist kein Schicksal mehr, sondern Option.

Im Lichte der Tatsache, dass immerhin 87% aller späten Mütter (gemeint ist das erste Kind mit 35 plus zu haben) mittel bzw. hoch qualifiziert sind, wünscht man sich mit gutem Grund, dass die deutschen und österreichischen Behörden mit etwas mehr Interesse von französischen und skandinavischen Modellen lernen und dadurch einer großen Zahl von zusätzlichen Babies eine Chance auf eine "Menschwerdung" geben. Erst die richtigen Rahmenbedingungen kippen die meist lang abgewogene Entscheidung Pro Kind, abhängig von den Chancen der Mütter, auch mit Kind(ern) ein aktives und kreatives Eigenleben erhalten zu können.
Option statt Schicksal eben.

16
Feb
2007

Muttis 40+ / aus manchen werden viele

Eine ausführliche Story in Brigitte, damit's hier auch den Human Touch
und nicht nur Zahlen und Studien gibt:

Junge Mütter über 40

brigitte

15
Feb
2007

Relevanz der späten Eltern

Key figures :
In der EU 25 wurden im Jahr 2004 knapp 4,8 Millionen Kinder geboren.
Etwa 300.000 dieser Babys sind die Erstgeborenen von Frauen über 35.

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Diese Kinder werden zunehmend in ein Umfeld geboren, in welchem – durch das höhere Alter der Eltern und die vorhergehende Ausbildung und Berufslaufbahn der Mutter – bereits ein hoher Standard an Wohnqualität und Gesundheitsbewusstsein herrscht. Die Vorbereitungsphase auf das Baby ist sehr intensiv, diese Kundengruppe stellt besonders informierte Konsumenten dar: für das Kind werden daher meist eine hochqualitative Ausstattung und ökologisch einwandfreie Materialien gesucht. Die Bereitschaft zu angemessenen Investitionen und der Trend zu höherer Qualität gehen Hand in Hand mit klar definierten Erwartungen an das Kosten-Nutzen-Verhältnis der gesuchten Produkte.

Klartext : was G'scheites darf auch was kosten, wenn der Nutzen überzeugt, die Qualität 1A ist und das Produkt gefällt.

Parallel zum Wunsch nach einem Qualitätsstandard, welcher für Gesundheit und Sicherheit des Kindes erwünscht ist, stellt sich auch die Frage nach Stil und Form der Produkte. Der gesamte Billigbereich, der hinlänglich beworben und damit bekannt ist, präsentiert sich sehr bunt. Im Umfeld von beschichteter Spanplatte („Buche Dekor“ etc.) finden sich sehr viel bunter Lack und Kunststoff sowie cartoon-dominierte Textilien.

Die Zielgruppe der qualitätsorientierten (weil reiferen, erfahreneren …) Eltern fühlt sich damit nicht angesprochen, je älter die werdenden Eltern sind und je höher deren Bildungsgrad ist, umso stärker ist die Ablehnung gegenüber dieser Kategorie grellbunter und optisch unruhiger Produkte. Man sucht die natürliche und dezente Farbgebung, zeitloses Design und klare Formen. Attraktive Produkte sind funktionell, sicher und stabil, schlicht und elegant – sie erwecken Vertrauen und vermitteln Geborgenheit.

obgyn

Conclusio: Die Eltern, Großeltern, Tanten & Onkels und der Freundeskreis, der sich rund um ein "reifes Wunschkind" bewegt, zeigt ein grundlegend anderes Kaufverhalten als dies bei jungen Eltern Anfang 20 der Fall wäre.
Die Vorbereitungszeit auf das Kind, die Einstellung zur Schwangerschaft und der Lese- und Lernbedarf in dieser Zeit werden mit zunehmendem Alter intensiver gelebt und kritischer betrachtet.

Wer diesen Kundenkreis gut und nachhaltig bedienen will, muss ihn gut kennen und sich auf hohem Niveau bewegen.



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14
Feb
2007

die zahl der reiferen mütter steigt

Statistisches Faktum: das Alter der Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes steigt kontinuierlich an.

Über 20 Prozent aller Frauen bekommen heute ihr erstes Baby mit über 35 Jahren und dieser Anteil steigt weiterhin erstaunlich schnell:

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Quelle: Gender Datenreport der Bundesregierung

Während die Geburtenstatistik Europas also kontinuierlich sinkende Zahlen aufweist, entsteht ein immer grösseres Segment innerhalb der Neugeborenenzahl jedes Jahrgangs : das jener Babys, deren Eltern schon seit Jahren mitten im Berufsleben stehen.
Babys, deren Eltern ihre Ausbildungzeit, ihre Sturm und Drang Phase, ihre erste Hausstandsgründung und so vieles mehr bereits hinter sich haben.
Der überwiegende Teil dieser Babys sind echte Wunschkinder, Kinder also, die bewusst und "zielstrebig" gezeugt und mit Sehnsucht erwartet wurden.

Zur Thematik "Reifere Eltern", "Späte Mutterschaft" gibt es einige hervorragende Untersuchungen:


Späte Mütter
Eine empirische Untersuchung aus biographischer Perspektive
bei späten Erstmüttern in West- und Ostdeutschland.


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Dr. Ingrid Herlyn, Dr. Dorothee Krüger
Opladen: Leske + Budrich 2003.
217 Seiten, ISBN 3-8100-3796-6


"Wenig überraschend bestätigt sich anhand der sekundäranalytischen Auswertungen und der Ergebnisse der Telefonbefragung, dass späte erste Mutterschaft vor allem ein Familiengründungsmuster hoch qualifizierter Frauen ist. ... Meist sind späte Mütter in stabile Partnerschaften eingebunden. ... " Auszüge aus der Rezension von Dr. Martina Beham, Linz/Universität Linz/Institut für Soziologie, © 2004

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Späte Mütter, späte Väter.
Babyglück im besten Alter

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Nadja Brandstätter, Georg Freude, Euke Frank
Linde, Wien, Januar 2004
192 Seiten, ISBN: 3714200061

Ein wirklich umfassendes Standardwerk zum Thema "späte Elternschaft". Ímmer mehr Frauen planen erst nach Ausbildung, Studium, beruflichen Jahren, nach einem selbständigen Leben oder nach längerer Partnerschaft ein Baby. Dieses Buch bietet neben fundierten medizinischen Informationen auch Infos zu alternativen Therapien, Infos zu möglichen Ursachen und viele Antworten zu Schwangerschaft und Geburt. Die AutorInnen sind führende Fachleute für Fortpflanzungsmedizin, Endokrinologie, Hormone und Psyche bzw. Journalistin des Frauenmagazins "Woman".


Ein weiterer, viel zuwenig beachteter Aspekt der reiferen Eltern ist das Rollenverständnis der Väter. Zu diesem Thema gibt es jedoch zwei sehr aufschlussreiche Arbeiten :

Männer im Übergang zur Vaterschaft
Das Entstehen der Beziehung zum Kind

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Ariane Schorn
Psychosozial-Verlag, Aug 2003
351 Seiten, ISBN: 3898062333

"Familienforschung ist brisant. Nahezu jeder lebt in einer Familie oder ist in einer Familie aufgewachsen oder kennt Familien aus dem engsten Freundes- und Verwandtenkreis. Familie wird heiß und widersprüchlich in den Medien diskutiert, ge- und verzeichnet. Familie ist ein politischer Streitgegenstand, Familie ist Teil und vielleicht Lösung von Geschlechterkonflikten und Geschlechterpolitik. Political correctness, Vorurteile, Überbewertung der eigenen Erfahrungen oder, anders ausgedrückt, die Vielzahl der selbsternannten Experten machen es schwer, Familienforschung auf hohem qualitativen Niveau durchzuführen, zu veröffentlichen und zu diskutieren, dies gilt im Besonderen für Forschung in Bezug auf die Rolle des Vaters und noch mehr in Bezug auf die emotionale Bindung zwischen Vätern und Kindern. Durch den Fokus auf "abwesende Väter", "potentiellen Missbrauch", "Gewalt in Familien", "flüchtige Erzeuger" und "emotionslose Finanziers" bleibt der reale Alltag vieler Familien außen vor. Hier etwas mehr zur Rationalität in der Diskussion beizutragen, ist verdienstvoll und gelingt in dem vorliegenden Buch sehr gut."
Rezensionsexcerpt Dr. Walter Bien


Vaterschaft aus der Sicht von Vätern

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VS Verlag für Sozialwissenschaften 2004.
481 Seiten, ISBN 3-8100-4087-8

"Im Mittelpunkt der Studie von Michael Matzner stehen Männer, die ihre Vaterschaft innerhalb "vollständiger" Familien, das heißt gemeinsam mit der Mutter der Kinder in einem Haushalt, leben. Matzner interviewte 24 solcher Familienväter um zu erforschen, wie Väter heute Vaterschaft gestalten und welche familialen und gesellschaftlichen Bedingungen eine aktive Vaterschaft ermöglichen oder erschweren. Insbesondere interessiert ihn, wie die einzelnen Männer die Gestaltung ihrer Vaterschaft subjektiv wahrnehmen."
Rezension Ursula Künning

Unicef Studie

Was tun wir für unsere Kinder ? Tun wir genug ?

Zur Lage der Kinder in Industrieländern -
die Rangliste im Überblick (Grafik / pdf)


Das Kinderhilfswerk Unicef hat die Lage der Kinder in
21 Industrienationen umfassend untersuchen lassen.
Ganz vorn stehen die Niederlande und die skandinavischen
Länder. Deutschland landete auf Platz elf.

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pdf Download Kurzfassung der Studie (12 Seiten)

pdf Download - Die vollständige Studie im
internationalen Kontext



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5
Feb
2007

Kinder, Karriere, Krise ?

Quelle : http://www.annejacoby.de

Kinder? Wollen die meisten jungen Paare haben. Karriere? Ja, bitte auch. Daß sie sich mit dem ersten Kind zurück ins 19. Jahrhundert katapultieren, wird ihnen erst klar, wenn die Krise da ist: Der Traum von den zwei Karrieren, den gerecht geteilten Pflichten bei Kinderbetreuung und im Haushalt ist schon ausgeträumt, wenn die frischgebackenen Eltern mit dem kleinen Babybündel aus dem Krankenhaus nach Hause kommen. Denn auf die Kombination Kinder und Karriere ist Deutschland nicht eingerichtet: das Land nicht, die Unternehmen nicht und die jungen Mütter und Väter auch nicht. Und so nehmen sie ihn also hin, den Karriereknick. Meistens trägt ihn die Mutter, manchmal auch der Vater, selten beide. Oder sie nehmen den Knick nicht hin und reihen sich ein in die vielen Akademikerpaare, die ohne Kinder leben. Oder sie gehen ganz neue Wege und schaffen den Spagat zwischen Wickeltisch und Hörsaal, Büroalltag und Babywelt.


Der Karriereknick kommt schon vor dem Kind. Sobald sich der Bauch sichtbar wölbt und der Satz Sie ist schwanger die Runde macht, geht es los: Auf das freudige Ereignis reagieren viele Vorgesetzte und Kollegen mit betretenem Schweigen, manche sogar offen mit Wut. Projekte werden delegiert; man organisiert die werdende Mutter schleunigst aus ihrem Beruf heraus. Warum auch nicht? Im Normalfall verschwindet die deutsche Mutter mit der Geburt ihres ersten Kindes sowieso im trauten Heim. Und weil nach einer Formulierung von Karin Pfund, Autorin des Buchs Die Kunst, in Deutschland Kinder zu haben, hierzulande das Wennschon-dennschon-Prinzip herrscht, folgt auf das erste ein zweites Kind. Der Erziehungsurlaub summiert sich dann auf sechs Jahre. Eine lange Zeit. Die zuvor gestartete Karriere geht sang- und klanglos unter. Der Neustart ist schwierig.
Ja, sicher: Die Zahl der berufstätigen Frauen hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Aber: Die Beschäftigungsgewinne sind nur die halbe Wahrheit, erklärt Susanne Wagner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB): 2004 waren 48,7 Prozent der Beschäftigten in Deutschland Frauen - 1991 waren es erst 44,1 Prozent (plus 4,6 Prozent). Aber ihr Anteil am Arbeitsvolumen ist nicht im gleichen Maß gestiegen (plus 2,7 Prozent).

*******
„Die Wahrscheinlichkeit einer größeren Beteiligung des Mannes an den Routinetätigkeiten im Haushalt nimmt im Verlauf der Ehe systematisch ab.“
*******

Das heißt: Es arbeiten mehr Frauen weniger Stunden. Die Hälfte aller Mütter mit Kindern unter zehn Jahren geht überhaupt keiner Erwerbsarbeit nach. Und wenn diese Mütter einen Job haben, handelt es sich in 75 Prozent der Fälle um eine Teilzeitstelle. Zum Vergleich: Nur 4 Prozent der Väter von unter zehnjährigen Kindern arbeiten Teilzeit, 88 Prozent Vollzeit.
Anspruch und Wirklichkeit klaffen in Deutschland besonders weit auseinander: Eine Familienanalyse des Allensbach-Instituts zeigte, daß 69 Prozent der jungen Väter denken, sie müßten sich genauso um die Erziehung ihres Kindes kümmern wie die Mutter. Tatsächlich passiert das aber nur bei rund 5 Prozent der Paare, die Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen. Daß Papa ganz zu Hause bleibt und Mama arbeiten geht, kommt in 0,2 Prozent der Haushalte vor und hat damit echten Seltenheitswert. Wie erklärt sich das? 89 Prozent der befragten Väter begründeten ihre Entscheidung mit dem hohen Einkommensverlust. Denn auch heute noch verdient ein männlicher Angestellter durchschnittlich ein Viertel bis ein Drittel mehr als seine Kolleginnen - auch bei gleicher Qualifikation auf dem gleichen Arbeitsplatz. Mit der Entscheidung, daß Mama aus dem Job aussteigt und Papa Karriere macht, wird die Lücke zementiert.
Eine aktuelle Studie der Hamburger Vergütungsberatung Personalmarkt zeigt, daß die Lücke zwischen den Gehältern ab dem 35. Lebensjahr immer weiter auseinanderklafft. Der Grund ist naheliegend: Wer aus dem Job aussteigt, bekommt auch keine Gehaltserhöhung mehr. Und weil sich beim Wiedereinstieg das neu verhandelte Gehalt am letzten Monatssalär orientiert, hinken die Elternzeitler immer mehr hinterher. Laut Personalmarkt verdient eine 40jährige Ingenieurin ein Viertel weniger als ihr Kollege. Und eine 35jährige Unternehmensberaterin sogar ein Drittel weniger. Das tut weh.
Noch schmerzhafter wirken die Zahlen, die die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien ermittelt hat. Sie nahm Karrieren von Absolventinnen und Absolventen der Wirtschaftswissenschaften unter die Lupe und stellte die Einkommensverluste von Frauen dar, die sich zwischen dem 26. und 35. Lebensjahr summieren. Ergebnis: Gehen Frauen in Elternzeit, läuft ein Verlust von 95.911 Euro auf. Das ist ein halbes Eigenheim. Schwacher Trost: Bekommen sie keine Kinder, müssen sie immer noch einen Verlust von 61.390 Euro verkraften. Das Professorentrio Wolfgang Mayrhofer, Michael Meyer und Johannes Steyrer der WU Wien erklärt das Desaster mit den feinen Unterschieden zwischen Männern und Frauen: Zuweisung weniger anspruchsvoller Aufgaben, geringerer Zugang zu karriererelevanten Kontakten, negative Stereotype hinsichtlich Leistungsfähigkeit und -bereitschaft. Sie vermuten aber auch, daß die Frauen es nicht anders wollen: Sie hätten eine andere Vorstellung von Work Life Balance und vermieden deshalb Berufe, die besonders hohe private Opfer forderten.
Viele Frauen in Deutschland wollen wohl anders, sie können aber nicht: Eine Forsa-Umfrage unter jungen Müttern und Vätern zeigte, daß zwei Drittel der Mütter mehr arbeiten wollen. Wie soll das aber gehen, wenn in den Grundschulen mal von acht bis halb elf unterrichtet wird, mal von halb zehn bis zwölf. Wenn die Kindergärten über Mittag und in den Ferien schließen und wenn es in Westdeutschland nur 2,7 Krippenplätze für 100 Kinder gibt? Nein, das ist kein Witz.
Es stellt sich auch die Frage: Wie steht es überhaupt um die Balance von Leben und Arbeit, wenn eine Frau sich alleine um den Haushalt kümmert, die Kinder allein betreut und auch noch Teilzeit arbeitet? Daß Hausarbeit auch heute noch Frauensache ist, zeigte jüngst eine Studie der Universität Bamberg: Die Wahrscheinlichkeit einer größeren Beteiligung des Mannes an den Routinetätigkeiten im Haushalt nimmt im Verlauf der Ehe systematisch ab, erklärt Hans-Peter Blossfeld, Professor für Soziologie und Autor der Studie. Dieser Prozeß wird durch den Übergang zur Elternschaft außerordentlich beschleunigt, und, das ist das Erstaunliche daran, verläuft unabhängig von den ökonomischen Ressourcen der Ehepartner.
Die traditionelle Rollenverteilung bleibt übrigens weltweit dominant: Blossfeld hat Familien in Europa, den USA und China untersucht und festgestellt, daß sich viele traditionelle Alleinverdiener-Gesellschaften zu modernen Doppelverdiener-Gesellschaften entwickeln. Nach dem Motto ein beruflich erfolgreicher Ehemann ist auch ein guter Vater konzentrierten sich die Männer aber weiterhin auf ihre Rolle als Ernährer, während die Frauen die doppelt belastende Rolle der Dazuverdienerin mit unbezahlten Zusatzaufgaben in der Familie ausfüllen. Das traditionelle Grundmuster ist tief in das Alltagsdenken eingegraben, so Blossfeld.
Und überall bleiben die Rahmenbedingungen auf das alte Ernährermodell geeicht: Sogar in Schweden und Finnland, die beim Thema familienfreundliche Politik seit den späten 1960er Jahren als Vorreiter gelten. Hier gibt es zwar eine sehr gute, überwiegend staatlich organisierte Kinderbetreuung. Und nicht nur das: Mütter und Väter in Schweden können bei der Geburt eines Kindes eine bezahlte Auszeit von rund 60 Wochen nehmen, in Finnland sogar 156 Wochen. Aber - und das ist nur wenigen bekannt: Laut OECD werden in Schweden 72 Prozent der Mütter mit Kindern unter drei Jahren als beschäftigt gezählt, es arbeiten de facto aber nur rund 45 Prozent (2003). Und Finnland belohnt die Mütter, die zu Hause bleiben, mit einem Home Care Allowance Payment, das teilweise noch mit kommunalen Mitteln aufgestockt wird. Auch hier arbeitet nur knapp über die Hälfte der Mütter (OECD, 2002).
Was ist nun mit den Vätern? Kleben sie zu egoistisch an ihrer Karriere? Sind sie zu sehr Macho, um Staub zu saugen und Mülleimer zu leeren? So einfach ist es natürlich nicht. Im Gegenteil. Daß sie allein für das Einkommen der Familie sorgen müssen, setzt die jungen Männer unter erheblichen Streß. Wer hat heute schon einen so sicheren Job, daß er das Auskommen einer ganzen Familie für Jahre garantieren kann? Richtig: Kaum einer. Und das ist der Hintergrund für das Paradox, daß ausgerechnet in Ländern wie Spanien oder Italien, in denen Familie und Elternschaft wichtige Werte darstellen, die Geburtenrate besonders stark fällt. Gerade junge Männer, die noch die traditionelle Rolle des Familienernährers vor Augen haben, können sich daher nicht für ein Kind entscheiden, weiß Soziologieprofessor Blossfeld.
Auch in Deutschland kommen junge Männer immer häufiger zu der Entscheidung, keine Kinder haben zu wollen, hat Dr. Christine Carl in einer Studie festgestellt. Sie arbeitet als Psychotherapeutin an der Universitätsklinik Freiburg und hat 80 Männer und Frauen zum Thema Gewollte Kinderlosigkeit befragt. Wenn sich Männer gegen Kinder entscheiden, wollen sie nicht die Last tragen, die der eigene Vater getragen hat. Sie wollen auch ihrer Partnerin nicht die Rolle zumuten, in der sie die eigene Mutter erlebt haben. Besonders verbreitet ist Kinderlosigkeit unter Akademikerinnen. Laut Statistisches Bundesamt lebt in Westdeutschland fast jede zweite deutsche Frau (43 Prozent) mit Hochschulabschluß in einem Haushalt ohne minderjährige Kinder, in Ostdeutschland ist es jede vierte (24 Prozent).
Um 1900 haben Frauen in Deutschland durchschnittlich 4,7 Kinder bekommen, seit Mitte der 70er Jahre sind es nur noch 1,3 Kinder. Damit ist Deutschland das Land mit der höchsten Kinderlosigkeit weltweit.In den 50er Jahren noch stand im Bürgerlichen Gesetzbuch: Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist. Bis 1963 war die Berufstätigkeit der Ehefrau von der Zustimmung ihres Gatten abhängig. Sie war zur Erwerbstätigkeit verpflichtet, wenn das Familieneinkommen gering ausfiel.

Und bei Anne Jacoby gibt's noch mehr wirklich lesenswerte Texte.
Link nochmal: http://www.annejacoby.de

18
Jan
2007

Mehr Babys !

"Frankreich in Hochform" betitelt der Standard am 17. Jänner 2007 einen Artikel über den Kinderreichtum der Grande Nation:

Frankreich -
Mehr Babys durch verändertes Frauenbild:
Staat hilft kräftig mit

Jede Französin gebärt im Schnitt mehr als zwei Kinder -
Wohl nirgends gibt es so viele Arten von Betreuungsplätzen

Sogar die seriöse Zeitung Le Monde meint augenzwinkernd,
die Französinnen seien offenbar "in Hochform".
Der in Frankreich seit Jahrhundertbeginn festzustellende Trend zu einer steigenden Geburtenrate hat sich 2006 erneut verstärkt. Wie das nationale Statistikamt Insee am Dienstag bekannt gegeben hat, sind in Frankreich im vergangenen Jahr 830.000 Säuglinge auf die Welt gekommen - erstmals seit 1974 kommen auf eine Frau im gebärfähigen Alter wieder mehr als zwei Kinder.
Dieser Wert liegt klar über dem europäischen Schnitt von 1,5.
Er dürfte dafür sorgen, dass die Bevölkerungszahl Frankreichs
bis 2050 von derzeit 61 auf 70 Millionen ansteigt.

Die Hälfte ist "außerehelich"

Zwei bemerkenswerte Phänomene gehen mit dieser Gebärfreudigkeit einher. Zum einen sind die gebärenden Französinnen heute durchschnittlich fast 30 Jahre alt. Das Gebäralter ist damit seit der Babyboom-Zeit um mehrere Jahre gestiegen. Zum anderen kommt heute jedes zweite "Französlein" außerehelich auf die Welt. "Die Familienstruktur hat sich enorm gewandelt", meint die Studien-Verfasserin Lucile Richet-Mastain. Allein stehende, geschiedene, berufstätige und bis zu vierzig Jahre alte Mütter sind in Frankreich Alltag.

Der Staat hilft kräftig mit

Diese zwei Phänomene erklären den seit 2000 anhaltenden "Mini-Boom" zum Teil. Einfach gesagt, kommen immer mehr Frauen als Mütter in Betracht. Der Staat hilft kräftig mit. Frankreich fördert das Kinderkriegen seit den Weltkriegen, als es der Nation an Nachwuchs fehlte. Diese Tradition - noch sichtbar, wenn der Staatspräsident im Elysée-Palast den gebärfreudigsten Müttern eine Medaille umhängt - mündet in eine sehr offensive Familienpolitik. Der Staat lässt sich Steuerfreibeträge, Kinderzulagen und jede Menge von Vorteilen für kinderreiche Familien jedes Jahr Milliarden kosten.

Öffentliche Betreuung
Wohl nirgends gibt es so viele Arten von städtischen, staatlichen oder neuerdings auch betrieblichen Kinderkrippen und Vorkindergärten. Laut des Leiters des französischen Demografie-Institutes Ined, François Héran, verbringen dort schon 35 Prozent aller Zweijährigen den Tag; die Dreijährigen gehen allesamt von der familiären in die öffentliche Tagesobhut über.

Nationale "Pflicht"

Konservative Politiker üben daran Kritik. Sie verschaffen sich aber wenig Gehör gegen Frauenrechtlerinnen und staatliche "Natalitätstreiber". Deren faktische Allianz hat in der Grande Nation zu einem Mentalitätswandel geführt: Die Französin, die - möglichst viele - Kinder großzieht, obwohl sie zur Arbeit geht, verkörpert ein grundsätzlich positives Bild; einerseits lebt sie Freiheit und Vielfalt aus, andererseits erfüllt sie ihre nationale "Pflicht".

Die hohe Geburtenrate à la française ist eben nicht nur eine Sache des Geldes - und entgegen einer verbreiteten Meinung auch kaum der Immigration. Einwandererfrauen haben zwar eine leicht höhere Geburtenrate von 2,4 Kindern, doch dies fällt zahlenmäßig wenig ins Gewicht.

(Stefan Brändle, DER STANDARD Printausgabe, 17.01.2007)
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