21
Mai
2007

Vater aktiv, Vater an der Peripherie

Ausschnitte aus einem Artikel in http://www.karriere.de :

Neue Väter braucht das Land


Väteralltag in Deutschland: Wenn Papa abends heimkommt, reicht die Zeit gerade noch für eine Gutenachtgeschichte. Für sein Kind im Job kürzer zu treten, scheitert oft an Geld, Chefs oder gutem Willen. Jetzt macht die Bundesregierung Dampf: Per Gesetz will sie die Männer an den Wickeltisch locken. Wer die Papa-Pause verweigert, verzichtet auf Elterngeld.

... Gerade mal 4,9 Prozent aller Arbeitnehmer in Elternzeit sind Männer. Die restlichen 95 Prozent haben gute Gründe, warum sie lieber den Frauen das Feld überlassen: Geld, in erster Linie. Einen Einkommensverzicht, und sei es auch nur für zwei Monate, kann oder will Mann sich nicht leisten. Dazu kommt die Furcht vor Karrierebrüchen, Statusverlust oder einfach keine Lust aufs Hausmann-Sein. "Verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre", umschreiben Soziologen wie Ulrich Beck das Phänomen. Wie das aus dem Munde werdender Väter klingt, zeigen die Antworten, die karriere bei einer Umfrage im Geburtsvorbereitungskurs des Evangelischen Krankenhauses Düsseldorf bekam. Von fünf Männern plant nur einer, sich die Betreuung mit seiner Frau zu teilen. Und der ist als Selbstständiger sein eigener Chef. ...

Arno Hoffmann, 41, Selbstständig
Wir sind beide selbstständig und arbeiten momentan von morgens bis abends, oft auch samstags und sonntags. Fest steht, dass wir die Kinderbetreuung irgendwie aufteilen werden. Darüber brauchten wir gar nicht zu diskutieren. Für mich ist es selbstverständlich, dass ich die Betreuung mit übernehme. Ich mag keinem Schema folgen, das andere für richtig halten. Und wenn blöde Bemerkungen kommen sollten, kann ich damit leben. Wie das finanziell gehen soll, wissen wir jetzt noch nicht. Deshalb finde ich es sehr schade, dass es das Elterngeld nicht auch für Selbstständige gibt. In meinem Umfeld grassiert die Kinderlosigkeit wie eine Krankheit. Das liegt am langen Studium, an der langen Ausbildung - es ist einfach ein finanzielles und zeitliches Problem.

... Der moderne Mann und ich
Wenn ich nicht müsste, würde auch ich meinen Namen nicht nennen. Warum? Alle Väter, die ich fragte, warum sie für ihre Familie keine Auszeit nehmen, wollten anonym bleiben. Ich verstehe das. Ich verstehe, warum kein Mann darüber in aller Öffentlichkeit sprechen will. Das Thema ist peinlich. Welcher Mann will schon zugeben, dass er ein moderner, familienpräsenter Vater sein möchte, aber trotzdem beruflich die Riesenkarriere anstrebt. Beides zu verbinden ist unmöglich.
In dem Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, ruft meine jüngste Tochter unaufhörlich: "Hör mal jetzt zu, Papa", "Guck mal, eine Krone". Die Zweieinhalbjährige hält sich einen Kerzenleuchter auf den Kopf. "Schreibst du auf dem Putia?" Sie meint den Computer. "Was machst du denn für Quatsche?" Dann reißt sie mir den USB-Stick aus dem Putia. Und freut sich. Ich, der moderne Mann, schwitze. Meine Frau sieht mich. Ich erwarte von ihr, dass sie das Kind endlich aus meiner heiligen Arbeitsatmosphäre entfernt. Doch sie rührt sich nicht. Sie ist müde von einem langen Arbeitstag. Als Mutter, Hausfrau und als freie Illustratorin. Ich bin froh, dass ich tagsüber im Büro sein kann, keine Kinder hüten muss und sage deswegen nichts.
"Hör mal jetzt zu, Papa ", ruft unsere Kleine wieder. Die große Tochter schläft schon. "Wo ist der Schtick?", fragt sie und klettert um den Putia herum. Meine Frau schmiert sich Bio-Lifting-Creme ins Gesicht und überlegt, wer morgen für die Kinder da ist, während sie einer Jobabgabe hinterherhechelt. Ich grübele, wie ich jemals auf die Idee kommen konnte, bei meinem Chef um Teilzeit zu bitten. Mir würde doch zu Hause gar nichts mehr gelingen. Ich wäre nach spätestens zehn Stunden mit den süßen Kleinen restlos genervt.
Gott sei Dank war mein Chef wenig beeindruckt von meinem Plan, einen Tag pro Woche weniger zu arbeiten. Solche Modelle liefen oft darauf hinaus, dass man den gleichen Job dann in vier Tagen machen würde, sagte er. Als ich vorschlug, drei Tage die Woche zu arbeiten, fragte er, ob ich mir das wirklich leisten wolle.
Meine Frau hält meinen Chef nun für einen naseweisen Schnösel. Ich habe es ihm natürlich nicht gesagt. Ich hoffe immer noch, dass er und der Verlag mir endlich eine Gehaltserhöhung geben. Wenn die wüssten, dass ich es bin, der morgens der Familie das Frühstück macht, abends die Schularbeiten der Großen kontrolliert und der Kleinen zum 2.000sten Mal erklärt, dass der Gorilla Donald Duck nicht fressen wird, würden sie mein Potenzial sicher erkennen. Alle reden immer von der Supermami als der Supermanagerin. Väter können es auch sein. Nur müssen sie dann wohl auf die Gehaltserhöhung verzichten.
Die Kleine stört nun unerträglich. Ich greife zum letzten Mittel meiner väterlichen Autorität. Ich sage ihr, wenn sie jetzt nicht ins Bett geht, werde ich es sein, der sie ins Bett bringt. Und nicht die Mama. Die Kleine versteht. "Okeee", sagt sie schnell und verschwindet. Na, geht doch.?

Martin Roos (Redakteur bei karriere)

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